– Eine persönliche Perspektive
In den letzten Jahren habe ich mit wachsender Sorge verfolgt, wie die Qualität unserer Diskussionen immer weiter abnimmt.
Diese Entwicklung ist nicht nur in den sozialen Medien zu beobachten, sondern hat längst auch persönliche Gespräche und geschäftliche Meetings erreicht.
Wir leben in einer Zeit, in der der Erfolg in einer Diskussion oft nicht mehr daran gemessen wird, ob man etwas Substanzielles zum Thema beigetragen hat.
Vielmehr scheint es darum zu gehen, mit möglichst extremen Aussagen Aufmerksamkeit zu gewinnen und Reaktionen zu provozieren.
Ein prominentes Beispiel hat Robert Habeck vor kurzem aufgezeigt, als er die Logik der Algorithmen in sozialen Medien thematisierte: :: 07.11.2024 bei Markus Lanz
Erfolg bedeutet dort, möglichst drastische Dinge zu behaupten – negativ und oft unsachlich.
Die Bedeutung eines echten Austauschs
Mir als Coach und Berater ist es ein großes Anliegen, dass meine Klient*innen und auch ich selbst wieder zu einem echten Austausch zurückfinden.
Diskussionen sollten den Zweck haben, sich gegenseitig besser zu verstehen, zu lernen und möglicherweise sogar die eigene Meinung zu hinterfragen.
Doch in vielen Gesprächen, die ich täglich führe, merke ich, dass sich die "Social Media Logik" eingeschlichen hat.
Sachliche Argumente werden oft als Angriff empfunden, und es wird emotional gekontert, ohne auf die Inhalte einzugehen.
Die Fähigkeit zum aktiven Zuhören, die Perspektive des Gegenübers einzunehmen – all das bleibt auf der Strecke.
Drei Schritte zur konstruktiven Diskussionskultur
Ich erlebe es in meiner Arbeit als essenziell, dass wir Wege finden, wie wir zurück zu einer konstruktiven Diskussionskultur gelangen können.
Es sind meiner Meinung nach drei wesentliche Schritte nötig, um dies zu erreichen:
Das Prinzip der wohlwollenden Interpretation anwenden: Wenn wir in Gesprächen die Argumente der anderen Seite im bestmöglichen Licht betrachten, eröffnen wir uns die Möglichkeit, wirklich zuzuhören und ernst genommen zu werden. Es ist eine Grundhaltung, die das Verständnis erleichtert und Vertrauen aufbaut.
Nachfragen und Rekonstruieren: Gerade bei komplexen Themen ist es wichtig, die Aussagen der anderen Seite in eigenen Worten zusammenzufassen und so sicherzustellen, dass wir den Kern verstanden haben. Nur wenn beide Seiten dasselbe Verständnis haben, kann ein echtes Gespräch entstehen.
Gemeinsamen Boden finden: Indem wir in Diskussionen zuerst nach gemeinsamen Punkten suchen, schaffen wir eine Basis, die uns auch in den Differenzen verbunden bleiben lässt. Eine Diskussion, die auf einem gemeinsamen Nenner basiert, wirkt weniger als Kampf um den Sieg und mehr als Zusammenarbeit.
Warum diskutieren wir?
Diese Prinzipien sollten eigentlich selbstverständlich sein, doch wir müssen uns immer wieder daran erinnern.
Vielleicht liegt der Schlüssel darin, dass wir uns fragen:
Warum diskutieren wir überhaupt?
Geht es darum, zu gewinnen?
Oder geht es darum, gemeinsam zu wachsen und neue Erkenntnisse zu gewinnen?
Eine Kultur des offenen Dialogs fördern
Gerade in meiner Rolle als Coach ist es mein persönliches Anliegen, nicht nur Wissen und Techniken zu vermitteln, sondern auch eine Kultur des offenen, respektvollen Dialogs zu fördern. Eine Kultur, die sich gegen das krasse und oft vergiftete Diskussionsklima in vielen digitalen und realen Räumen stellt und uns wieder daran erinnert, was wahres Verständnis bedeutet. Sascha Brink
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